Zurück zu den „Addenda“Weitere Anmerkungen
Aus einer umfangreichen Mappe von maschinengeschriebenen „Notizblättern“, die Karl Ballmer Karl Barth zukommen ließ (Ballmer betitelt sie „Ka Ba Notizblätter“). Wir veröffentlichen das Blatt hier als Ergänzung zum von Ballmer zitierten Ausspruch Max Picards „Die Kirche glaubt für mich“ (siehe Buchseite 150); zugleich werden hier Ballmers Ausführungen zum Thema „Traum“ (siehe den Briefwechsel mit Ludwig Binswanger) ergänzt.
Notizblatt, 25. Mai 1953
Mit der Intelligenz Freuds und Jungs verstehe ich vom Traum – nichts. Vom Tier-Traum, mit dem sich Freud und Jung befassen, unterscheidet sich der Mensch-Traum. Im Tier-Traum erfahre ich durch meine Traumbilder eine Symbolisierung meines eigenen aktuellen Zustandes; im Mensch-Traum erfahre ich – durch meinen eigenen aktuellen Zustand hindurch — die Kundgabe und Offenbarung des andern Menschen (dem ich gerade einen feindseligen Brief schrieb). Dieser höhere Traum ist ein Können. Subjekt dieses Könnens kann nicht die Kirche sein. Um Subjekt des Könnens meines Traumes zu sein, hätte der Herr der Kirche zu seinem historischen Besitze Neues hinzuzulernen. Der fröhliche Konvertit kann wohl sagen: „Die Kirche glaubt für mich“, dagegen kann ich nicht sagen: „Die Kirche träumt für mich“.
In meinem Traum ist „Ich“ dreimal auf dem Plan: erstens als ich, zweitens als der Mitmensch, der meinen feindseligen Brief erhielt, und drittens als DER ICH. – In der Nacht, nachdem der feindselige Brief beim Empfänger ist, habe ich folgenden Traum:
In meinem Traum ist „Ich“ dreimal vorhanden. Ich bin mit meinem Traum nur der Schauplatz und die Gelegenheit, dass der Andere (der Empfänger des feindseligen Briefes) sein „Ich“ agiert. Der Andere benützt meine Ich-Apparatur. Damit Andere und ich derart intim sein können, muss der Dritte, „der Ich“, freundschaftlich sowohl mich als den Briefempfänger in sich enthalten.
Ein zweiter Traum, nachdem mein Feindseliges beim Empfänger ist, ist der folgende:
Mit dem Atheimus Freuds und Jungs verstehe ich also vom Wesen des Traumes nichts, – würde ich also von der SEELE und ihren Teilnehmern nichts verstehen. – Erfreulich, dass wir ohne den mythologischen Unrat Jungs auskommen.