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Mittwoch, 27. August 2003

Kunst der 20er Jahre in Hamburg

24. August 2003 bis 4. Januar 2004, Hamburger Kunsthalle.

(:template each :)

[Originaladresse dieser Seite (am 21.10.2003): http://www.a-vela.de/n040104a.html]

Anita Reé, Teresina, 1925, Öl auf Leinwand, 80,5 x 60 cm, Inv.-Nr. 2471. © Hamburger Kunsthalle / bpk. Photo: Elke Walford

Die zeitgenössische Kunst in Hamburg fördern - das war Heinrich Steinhagens erklärtes Ziel, als er 1919 eine Künstlervereinigung plante. Der Maler und seine Freunde wollten die Hamburger Kunstszene nach dem Ersten Weltkrieg neu gestalten. In Anlehnung an Künstlerorganisationen in Berlin und München nannten sie ihre Vereinigung „Hamburgische Sezession“.

Ihre erste Ausstellung fand 1919 in den Räumen des Kunstvereins im Altbau der Kunsthalle statt. [..] Neben Ausstellungen versuchten die Sezessionisten die Kulturlandschaft ihrer Stadt durch Lesungen, Konzerte und Künstlerfeste zu bereichern.

[..] Für die Sezessions-Mitglieder stand die Gemeinschaft an erster Stelle, einen gemeinsamen Malstil gab es jedoch lange Zeit nicht. „Die Werke der ersten Ausstellung beweisen Duldsamkeit gegen jede Richtung“, heißt es im Katalog. Friedrich Ahlers-Hestermann, Gretchen Wohlwill, Alexandra Povòrina und Alma del Banco orientierten sich nach Paris-Aufenthalten an französischen Malern wie Henri Matisse und Paul Cézanne. Die Mehrheit der Sezessions-Künstler aber arbeitete nach dem Ersten Weltkrieg expressionistisch.

Doch schon bald fanden Künstler wie Otto Rodewald und Anita Rée mit der Neuen Sachlichkeit zu einer realistischen, strukturierten Malerei zurück; andere, darunter Alexandra Povòrina, trennten sich komplett von der Gegenständlichkeit und malten abstrakt. Gemeinsam war den Mitgliedern der Sezession zu Anfang vor allem ihre Experimentierfreudigkeit.

Den Erweiterungsbau der Kunsthalle initiierte der einstige Direktor der Kunsthalle Alfred Lichtwark (1852-1914), eröffnen konnte ihn allerdings erst sein Nachfolger Gustav Pauli. Zur Ausschmückung des neuen Hauses beauftragte Pauli eine Reihe von Künstlern. Der Österreicher Carl Otto Czeschka [..] gestaltete die Wände in den Ausstellungsräumen des Obergeschosses farblich-ornamental.

Ansonsten betrafen die Dekorationen vor allem Räume, in denen keine Ausstellungen stattfanden. [..] Drei Mitglieder der „Hamburgischen Sezession“ erhielten ebenfalls Aufträge. Von Friedrich Ahlers-Hestermann ist ein Entwurf für eine farbige, aus floralen Ornamenten bestehende Wandmalerei im Windfang des Haupteingangs bekannt. Unklar ist jedoch, ob es je zur Ausführung kam. Realisiert wurde 1921 ein Entwurf Ahlers-Hestermanns für die Wand mit drei Türen im damaligen Geschäftszimmerflur: drei Rundbilder mit Allegorien der Malerei, Plastik und Architektur sowie gemalten Blumengirlanden auf gelbem Grund. Dort hängen sie jetzt wieder.

Für das Foyer des Vortragssaales (später TiK, demnächst Hubertus-Wald-Forum) entwarf der Bildhauer Friedrich Wield ab 1922 eine große „Schalenträgerin“ aus Kalkstein, die an zentraler Stelle zwischen den beiden Eingängen zum Saal stand.

Links und rechts neben ihr hingen friesartig, knapp unterhalb der Decke, vier querformatige Gemälde von Dorothea Maetzel-Johannsen. [..] Über diese Aufträge hinaus unterstützte die Kunsthalle jüngere Künstler wie Friedrich Wield oder Heinrich Steinhagen, indem sie ihnen im Haus ein „Staatsatelier“ zur Verfügung stellte.

Karl Kluth, Küste in Nordschleswig Karl Kluth, Küste in Nordschleswig, 1931, Öl auf Leinwand, 75 x 100 cm. © Hamburger Kunsthalle / bpk. Photo: Elke Walford

Erst als der Künstlervereinigung zwischen 1929 und 1932 eine jüngere Künstlergeneration beitrat, entwickelte sich ein gemeinsamer Sezessions-Stil. Ihr Vorbild war der Norweger Edvard Munch. Generell erstarkte während der Weimarer Republik das Interesse am Norden. Schon bald sprachen die Kritiker daher von einer „Nordischen Renaissance“.

Obwohl Edvard Munch und Emil Nolde dank des Sammlers Gustav Schiefler schon früh in Hamburg bekannt wurden, beeinflussten sie die Künstler der Hansestadt erst in den späten zwanziger Jahren. Die Künstler fassten das Dargestellte nun großflächig zusammen und setzten farbige Konturlinien ein, die die Motive frei und zum Teil skizzenhaft umspielen.

Der Maler und Graphiker Karl Kluth wollte um 1930 gar eine Sezessions-Schule bilden. Doch nicht nur junge, sondern auch ältere Mitglieder der Sezession wie Gretchen Wohlwill und Fritz Flinte nahmen den neuen Malstil auf. Der Sezessions-Stil inspirierte zudem Nicht-Mitglieder wie beispielsweise den Maler und Graphiker Ernst Witt.

[..] Eduard Bargheer, Karl Ballmer und Rolf Nesch entwickelten den Sezessions-Stil im Laufe der Zeit zu einer immer individuelleren Malweise weiter. Die zwölfte Ausstellung der Hamburgischen Sezession ließen die Nationalsozialisten zwei Wochen nach ihrer Eröffnung am 27. März 1933 schließen. Die Begründung lautete, dass „die Ausstellungsobjekte in ihrer überwältigenden Mehrzahl zur Förderung des Kulturbolschewismus geeignet sind“. Kurz darauf wurde von der Hamburger Künstlergruppe verlangt, ihre jüdischen Mitglieder auszuschließen.

Die Sezessionisten entschieden daraufhin am 16. Mai 1933 einstimmig, sich stattdessen aufzulösen. Das Geld ihres Vereins vertranken sie noch gemeinsam.

Expressionismus

In Deutschland nahm die expressionistische Malweise 1905 mit der Dresdner Künstlergruppe „Brücke“ ihren Anfang. Der Begriff „Expressionismus“ selbst tauchte jedoch erst 1911 in Herwarth Waldens Zeitschrift „Der Sturm“ auf. Anfangs heftig angefeindet, entwickelte sich die Kunstrichtung nach dem Ersten Weltkrieg zum allgemeinen Zeitstil. Die Künstler wollten nicht mehr äußere Eindrücke, sondern ihr Innenleben wiedergeben. In leuchtenden Farben malten sie großflächige Formen mit scharfen Konturen.

Auch bei der ersten Ausstellung der Hamburgischen Sezession 1919 dominierte die expressionistische Formensprache. Das Sezessions-Mitglied Erich Hartmann war einer der wichtigsten Hamburger Expressionisten. Seine Figuren- und Landschaftsdarstellungen sind von der „Brücke“ und Henri Matisse beeinflusst, beinhalten jedoch auch kubistische Elemente.

Heinrich Stegemanns Gemälde und graphische Arbeiten zeigen, bis sich der Künstler der Neuen Sachlichkeit zuwandte, ebenfalls expressionistische Züge. Emil Maetzel entdeckte durch den „Brücke“-Künstler Karl Schmidt-Rottluff die Form und Aussagekraft „primitiver“ Skulpturen für sich. Seine Frau Dorothea Maetzel-Johannsen hatte um 1919 die „Brücke“-Mitglieder Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel als Vorbilder. Neben der Sezession beeinflussten andere expressionistische Gruppierungen die Kunstwelt der Hansestadt. Der Jurist und Dramaturg Lothar Schreyer (1886-1966) machte Hamburg 1917/18 zur bedeutendsten Zweigstelle der Berliner Kunstbewegung „Sturm“.

Ab 1917 leitete er die 1910 gegründete Zeitschrift „Der Sturm“ von Hamburg aus. Überdies veranstaltete Schreyer in der Musikhalle „Sturm-Abende“, organisierte „Sturm“-Ausstellungen und war selbst künstlerisch tätig. In dieser Ausstellung ist er mit drei Graphiken, auf denen abstrahierte Marionetten dargestellt sind, vertreten. [..]

Malerinnen

Die Malerinnen am Anfang des 20. Jahrhunderts hatten insofern eine Sonderrolle inne, als Frauen noch um 1890 nicht zum Studium an staatlichen Akademien zugelassen wurden. Zum bürgerlichen Bildungsideal gehörte es lediglich, Töchter zu gebildeten und unterhaltsamen Hausdamen zu erziehen. Infolgedessen bekamen damals viele junge Damen Privatunterricht. In Hamburg gründete Valesca Röver 1891 eine private Kunstschule. Das besondere an ihrem Institut war, dass der Unterricht von avantgardistischen Künstlern wie Friedrich Ahlers-Hestermann, Erich Hartmann und Eduard Bargheer abgehalten wurde, später auch von Karl Kluth und Emil Maetzel. Aus dieser Schule sind die Künstlerinnen Gretchen Wohlwill und Alma del Banco hervorgegangen.

Die Malerin Anita Rée hingegen war zunächst Privatschülerin von Arthur Siebelist, später von Franz Nölken. Alle drei Künstlerinnen stammten aus jüdischen Familien. Anita Rée und Alma del Banco wurden jedoch christlich erzogen; Gretchen Wohlwills Eltern wandten sich ganz vom Glauben ab. Für die Kunst verzichteten die Malerinnen auf eine Familie. Als 1919 die Hamburgische Sezession gegründet wurde, zählten sie zu den Gründungsmitgliedern. Im Dritten Reich hatten Rée, del Banco und Wohlwill doppelt zu leiden: zum einen wegen ihrer jüdischen Herkunft, zum anderen galt ihre Kunst bei den Nationalsozialisten als entartet. Gretchen Wohlwill verlor 1933 ihre Stelle als Zeichenlehrerin an der Emilie-Wüstenfeld-Schule. 1940 emigrierte sie nach Lissabon. Nach dem Krieg kehrte sie als einzige jüdische Künstler-Emigrantin nach Hamburg heim.

Anita Rée zog sich bereits 1932 nach Sylt zurück. Körperlich und seelisch krank, setzte sie ihrem Leben am 12. Dezember 1933 ein Ende. Als Alma del Banco am 7. März 1943 einen Deportationsbescheid bekam, nahm auch sie sich das Leben. Schwere Schicksalsschläge ereilten auch die in Dresden geborene Malerin Elfriede Lohse-Wächtler. Die psychisch Kranke wurde am 12. August 1940 im Zuge der nationalsozialistischen Euthanasie-Verbrechen vergast.

(Quelle: Hamburger Kunsthalle)

24. August 2003 bis 4. Januar 2004


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