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Drama, Bundesrepublik, WeltwirrwarrDie gekrachte Schublade – 22. Oktober 2024

Notizblatt, 28. Juni 1953

Ich verweile angeregt beim CRS-Referat des Vortrages von Friedrich Dürrenmatt vor der Basler Studentenschaft über „Probleme einer modernen praktischen Dramaturgie“; zufällig trat der muntere Geselle Dürrenmatt in Lamone in dem Momente auf den Plan, als ich gerade in H. Noacks „Deutsche Geisteswelt“ Bd. I die großartigen Äußerungen Hegels über „das Prinzip der Tragödie, Komödie und des Dramas“ gelesen hatte (die CRS-Besprechung der Bände „Deutsche Geisteswelt“ war mir in den Bemerkungen über das Auswahlprinzip bei der Zusammenstellung der Anthologie etwas zu flau zurückhaltend. Wegen des in der Sammlung Fehlenden (Ed. v. Hartmann!, Feuerbach!, Stirner!, Hebbel!!! als Philosoph und Ästhetiker!) meinte ich hinter dem Auswahlprinzip den etwas verdächtigen Geist der aktuellen westdeutschen Bundesrepublik zu sehen, für die in meinem Busen ein kräftiges Pereat auf der Lauer liegt).

„Das Drama ist gestaltete Welt“. „Ist heute ein Drama möglich, das unsere Zeit behandelt und gestaltet?“. Der Auch-Dramatiker Dürrenmatt bedenkt diese Frage vom praktischen Bühnenhandwerk her. Ich verspreche mir mehr von einer anderen Methode, ich möchte die Frage von der Physik her bedenken. Wenn ich weiß, was physikalisch Welt-GESCHEHEN ist, weiß ich eo ipso auch, dass für uns als Inhalt des Dramas nur die Tragödie der Selbsterkenntnis des Weltsubjektes in Betracht kommt. Hegel und Hebbel wussten noch nicht, dass die Entscheidung in der Physik fällt. Ist Hegels Theorie der Tragödie für uns nicht komisch, oder geradezu lächerlich? Er legt alles Gewicht auf die „tragische Lösung“ des Weltwirrwars. Und worin besteht die „Lösung“? Er meint: „Durch sie [die Lösung] nämlich übt die ewige Gerechtigkeit sich an den Zwecken und Individuen in der Weise, dass sie die sittliche Substanz und Einheit mit dem Untergange der ihre Ruhe störenden [!] Individualität herstellt.“ Das ist doch nichts als eitle freche christliche Anmaßung. Die ewige Gerechtigkeit will in ihrer himmlischen Ruhe nicht gestört werden und erfindet zu diesem Zwecke den Untergang der tragischen Helden als den Sinn des Daseins. Diese christlich-gelogene ewige Gerechtigkeit kann mir gestohlen werden, mich interessiert nicht der Untergang, sondern der Sieg des tragischen Helden, der nun kein anderer als das Subjekt des wissend geschehenden Weltvorganges ist. Das für uns in Betracht kommende Drama ist monistisch; wenn der Weltvorgang als solcher überhaupt einen Sinn hat, so fällt er in die siegreiche persönliche Handlung des groß geschriebenen MENSCHEN. Durch diesen Einen Sieger – nicht durch die in ihrer himmlischen Ruhe faule „ewige Gerechtigkeit“ – empfangen die Untergehenden ihre tragische Größe.


Erläuterung

Aus einer Mappe mit „Notizblättern“, die an Karl Barth geschickt wurden. – „CRS“ ist Claude Richard Stange (1913–1988), ein Schriftsteller und Mitarbeiter der „Basler Nachrichten“, mit dem Ballmer über Jahre hin in brieflichem Austausch stand.

👉 Aus der „gekrachten SchubladeDie gekrachte Schublade“ bekommen Sie wechselnd verschiedene Texte von Karl Ballmer zu lesen. Bei der Auswahl gilt das Motto von Rudolf Steiner: „Es muss der Zufall in seine Rechte treten.“ Besuchen Sie diese Seite also öfter. Bei Fragen kontaktierenKontakt/Impressum Edition LGC Sie uns bitte.

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