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Notizblatt, 26. Dezember 1953 „Hellsehen“ als Relativbegriff korrespondiert mit dem Begriff „Dunkelsehen“. Es handelt sich ausschließlich um eine Frage des NIVEAUS. Gegenstand des Hellsehens sind zunächst die Texte der sechstausend Vorträge. Wenn ich viel, viel gelernt habe und einiges dazu – Theologie, Physik und einiges dazu –, fange ich an, das Dunkel vor meinen Augen aufzulichten, das mir den Gegenstand verdeckt. Vom NIVEAU hängt es ab, dass der Gegenstand verborgen ist – und ob er sich zeigt. Indem sie aus der Trägheit des Nichtsgelernthabens gierig Erbauung anstreben, verdichten sie das Dunkel; „Dichter“ (ich notiere dieses am Steffanstage) sind somit das getreue Kälberdunkel, das jedoch vom Hellen souverän wertgeschätzt und göttlich geliebt wird, weil das Helle auf seine Abhebung vom Dunkel angewiesen ist. – Roman Boos (gest. am 10. Dezember 1952) sagte: „Man sollte jedes Jahr einmal die ‘Zyklen’ lesen“ – – er meinte: so wie die Anthroposophen, wenn sie über vierzig Jahre alt sind, jedes Frühjahr eine Birkenelixierkur praktizieren gegen mögliche Verkalkung, so sollte „man“ sich jedes Jahr einmal ein wenig das Gemüt kitzeln mit den ‘Zyklen’, um sich Schwung zu holen für die Weltverbesserungskinkerlitzchen im bekannten Stil. Die Physik hat mit Akuratesse den Begriff des „Bezugssystems“ ausgebildet. Es gibt den Gegenstand der Physik nicht an sich, er ist darauf angewiesen, sich durch ein willkürlich gebildetes „Bezugssystem“ darzustellen. Wenn ich mir vorstelle, dass als „Bezugssystem“ an die Stelle eines Einstein-Förmelchens ein „Ich“ tritt – „ICH“ oder „ich“ geschrieben –, so habe ich ein Problem. Das hellsüchtige Pack betritt moralisches Glatteis, indem es die eigene Windigkeit zum „Bezugssystem“ macht. So gewiss ich im ganzen Universum niemals etwas anderes als mich selbst verstehen werde, so gewiss ist das „Selbstverständnis“ des Packs – uninteressant. – Wer in der Lage und Verfassung dazu wäre, könnte mit Sinn zu allem und jedem „Ich“ sagen, er würde in ungetrübter Helle allerwärts „Ich“ sehen, er wäre „Hellseher“. – Das Pack hat nicht die leiseste Ahnung davon, dass es beim „Hellsehen“ um höhere Moralität geht.
ErläuterungAus einer Mappe mit „Notizblättern“, die an Karl Barth geschickt wurden. – Zum Stefanstag: Ballmer spielt mit dem Doppel-f vermutlich auf den Dichter Albert Steffen an. Zur „souveränen Wertschätzung“ und „göttlichen Liebe“ (Steiners gegenüber Steffen) vgl. „Albert Steffen – ein Lehrer der Anthroposophie“ in unserm Band Anthroposophische MethodikAnthroposophische Methodik, darin auch den im Nachwort wiedergegebenen Brief Ballmers an Emil Leinhas, in dem dieses „Steffen-Mysterium“ beleuchtet wird. 👉 Aus der „gekrachten SchubladeDie gekrachte Schublade“ bekommen Sie wechselnd verschiedene Texte von Karl Ballmer zu lesen. Bei der Auswahl gilt das Motto von Rudolf Steiner: „Es muss der Zufall in seine Rechte treten.“ Besuchen Sie diese Seite also öfter. Bei Fragen kontaktierenKontakt/Impressum Edition LGC Sie uns bitte.⇑ |