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Edition LGC • Newsletter Nr. 4

Donnerstag, 28. Juli 2022
Siegen / Sancey le Grand • Tel. +49-271-371451 • www.edition-lgc.de

Was lange währt…

Nun sind die oft nachgefragten Briefe Karl Ballmers an Hedwig Kleiner, Alice Sauerlandt, Agnes Holthusen und Agnes Kern, ergänzt um einiges anderes, endlich in Buchform da. – In einem der Briefe ist zu lesen, der Künstler sei unweigerlich Verbrecher – und was das Schreiben angeht, gilt prinzipiell: „Die einzige Siegerchance besteht darin, ein Verrückter zu sein.“ Dem Briefeschreiber sind diese Hinweise mehr als metaphorischer Übermut, er ist mit seinen errungenen künstlerischen und denkerischen Standpunkten von irgendwelchen modischen Provokations- oder sonstigen Gesten weit entfernt. Die „außerordentliche Stille“, die Samuel Beckett an seinen Bildern schätzte und die Ballmer gegen die eruptive Malerei der Expressionisten verteidigte, ahnen wir letztlich auch in seinen Texten, und finden dies bestätigt in seiner Auskunft an Erich Brock: „Heute stehe ich tief innerlich ruhig im Bewusstsein, das gemeinte Problem Anthroposophie auf der Hand zu haben.“ „Unscheinbare begriffliche Pappschachteln“ sind es auch im neuen Buch, in die Ballmer entschlossen, aber „sorglich“ den „Gesamtinhalt des christlichen Abendlandes hineinpackt“.

„Letzte Geheimnisse“

wählten wir als Titel des Bandes, aus einer Briefstelle an die junge Agnes Kern: „Die letzten Geheimnisse sind viel viel einfacher, als es den armen Seelen gesagt werden kann.“ Lesen Sie es nach auf Seite 178ff des Buches (oder in der pdf-Leseprobe), wie dieser schillernde Satz gemeint sein kann. Jedenfalls bewegt er sich, wie die allermeisten der hier zusammengestellten Texte, in beiden Welten gleichzeitig, in denen Ballmer ein Könner, oder, mit seinen Worten, einfach ein Übender und Ausübender ist: in der künstlerischen und der denkerischen Welt. Indessen wird aufs neue ersichtlich, dass sich der Absender der Briefe nicht als bürgerlicher „Künstler“ und „Schriftsteller“ versteht, sondern: als „Physiker“ in der „analogen“ Welt der Sinne, immer als Gelegenheitszentrum von Weltgeschehen.

Die existenzielle „Siegerchance“ des obigen Verrückten – worin besteht sie? Goethe dazu: „Unser ganzes Kunststück besteht darin, dass wir unsere Existenz aufgeben, um zu existieren.“ – wozu Rudolf Steiner vermerkt: „Man existiert im wahren Sinne des Wortes nur, wenn man seine niedere, egoistische Sonderexistenz in den Dienst der produktiven Lebenskräfte stellt, die in der Persönlichkeit wirken. Das, was in uns produziert, ist das allgemeine Weltgeschehen. Mit diesem wachsen wir zusammen, wenn wir uns unserem Genius überlassen. Die Sonderexistenz des Einzelnen ist nur Durchgangspunkt für dieses Weltgeschehen. Wer auf diese Sonderexistenz den größten Wert legt und alles in ihren Dienst stellt, der verliert den Zusammenhang mit dem allgemeinen Weltgeschehen.“ (Fußnote in Goethes naturwissenschaftlichen Schriften, 4.Band/2.Abtlg. 1921, Sprüche in Prosa, S.441) – Diese Preisgabe der egoistischen Sonderexistenz – ist sie in Ballmers „Privatbriefen“ nicht mit Händen zu greifen? Von einem selbstgefälligen Alltagsleben ist wenig spürbar – private Dinge scheint es nur als auslösende Momente für übergeordnete Betrachtungen zu geben, das Unwichtige wird „zum Frühstück behandelt“. – Solch gehaltvolles Frühstücken – ist das nicht Heilung in einer geistlosen Zeit, die einen „Zusammenhang mit dem allgemeinen Weltgeschehen“ nur noch in pervertierten Varianten der „Ansteckung“ kennt?

Eine ausformulierte Ballmer-Biografie gibt es ja nicht – und braucht es auch nicht zu geben. In der Welt der Verrückten gibt es die „egoistische Sonderexistenz“ immer nur im Hinblick auf welthaftes Geschehen, sie braucht nicht mit der „genormten Philisterwelt“ kontextualisiert zu werden. Lieber lassen wir den unprivaten Briefeschreiber selbst sich aussprechen, als „das Gegenteil von einem die Welt als Dunkelseher Durchstapfenden“; als „Durchgangspunkt für Weltgeschehen“. Wir haben genug Entdeckungsarbeit zu leisten, wenn wir unseren illusionären „Photographenapparat“ ablegen und Ballmers „künstlerische Intention“ zur Kenntnis nehmen, die er den (genius-abstinenten) „armen Seelen“ schon 1927 unterbreitet, charmant im Brief an Hedwig Kleiner: „dass ich mir – und meinetwegen Anderen – beim Bildermalen klar zu werden suche, dass die Welt, geistig angesehen, ganz anders aussieht als für den Photographenapparat; also im Grunde nichts anderes als was mich auch veranlasst zu schreiben.“

Letzte Geheimnisse
Briefe und andere kleine Texte 1910–1954
1. Auflage 2022
262 Seiten
EUR 16.00 / SFR 18.00
ISBN 978-3-930964-30-7

Näheres zum Buch finden Sie hier.

Bestellen können Sie auf allen üblichen Wegen, gerne auch direkt über unser Formular.

Beste Grüße –

Peter Wyssling und Martin Cuno